Manfred Börgens
Mathematik auf Briefmarken  # 120
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Germain-Marke

Frankreich 2016  Michel 6408  Scott 5000


Mathematikerinnen

Folge 3
Sophie Germain (1776 - 1831)


In früheren Zeiten, und teilweise bis heute, war es für Frauen schwer oder unmöglich, eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen. Dies gilt auch für die Mathematik. Es ist aber anzunehmen, dass sich mathematisches Talent bei Frauen etwas leichter entfalten konnte als eine naturwissenschaftliche Begabung, da letztere in der Regel einen Zugang zu Laboren benötigt, der Frauen vielfach verwehrt blieb. Mathematik lässt sich auch im Stillen ausüben. Viel schwerer ist es allerdings, eine öffentliche Wirkung eigener Forschung zu entfalten; das zeigen einige der hier vorgestellten Lebensläufe von Mathematikerinnen auf. In jüngerer Zeit findet man aber zunehmend erfolgreiche akademische Karrieren von Mathematikerinnen; einige von ihnen werden mit Briefmarken in dieser Reihe geehrt.

Der Begriff der "Mathematikerin" soll hier nicht allzu eng gefasst werden. Der Bezug der Frauen in dieser Reihe zur Mathematik ist mal mehr und mal weniger ausgeprägt und manchmal nur durch die Anwendung der Mathematik in anderen Gebieten bestimmt.

Die Reihe wird in unregelmäßigen Abständen weitergeführt werden.
Folge 1    Maria Mitchell
Folge 2    Maria Agnesi
Der Mathematikerin Hilda Phoebe Hudson wurde bisher keine Briefmarke gewidmet, aber sie erhielt einen Eintrag auf der Briefmarkenseite # 119.


Sophie Germain war eine französische Mathematikerin, die bedeutende Beiträge zur Zahlentheorie und zur Theorie der Elastizität geleistet hat. Selbst nach der französischen Revolution war Frauen ein Studium oder eine akademische Karriere verwehrt, so dass Germain ihre Forschungen als Autodidaktin und Privatgelehrte betreiben musste. Sie hatte das Glück, dass sie von hochrangigen Mathematikern wie  Joseph-Louis de Lagrange  und  Adrien-Marie Legendre  gefördert wurde. Sie korrespondierte auch mit  Carl Friedrich Gauß ,  der sie als Wissenschaftlerin respektierte.

Sophie Germains wichtigstes mathematisches Werk sind ihre Arbeiten zur Fermat'schen Vermutung. Sie wird heute als Pionierin für dieses Problem betrachtet; ihre Ergebnisse blieben ein Jahrhundert lang der umfassendste Beitrag dazu; erst 1994 wurde das Problem endgütig von Andrew Wiles gelöst.

Nun zum Theorem auf der Briefmarke. Wir lesen dort  ( P  ist die Menge der Primzahlen) :

    p  sei eine ungerade Primzahl mit  2p+1 ∈ P .  Dann gilt:  xp + yp = zp  ⇒  p|xyz .

Sophie Germain hat damit die Fermat'sche Vermutung  ( xn + yn = zn  hat Lösungen in natürlichen Zahlen nur für  n < 3 )  für eine große Klasse von Quadrupeln natürlicher Zahlen  (n,x,y,z)  bewiesen. Im Theorem ist  n = p  eine Primzahl mit besonderen Eigenschaften. Eine leichte Umformulierung zeigt das noch etwas deutlicher:

    p ∈ P  ∧  p > 2  ∧  2p+1 ∈ P  ∧  p  xyz  ⇒  xp + yp  zp

p  xyz  heißt "Erster Fall der Fermat'schen Vermutung" und bedeutet, dass  p  kein Teiler von  x·y·z  ist und somit weder  x  noch  y  noch  z  teilt.  -  Primzahlen  p  mit  2p+1 ∈ P  heißen Sophie-Germain-Primzahlen.

Germain bewies in Wirklichkeit ein noch umfassenderes Resultat, nämlich den Satz von Sophie Germain (siehe Quellen am Ende dieses Beitrags), mit dem das Theorem auf der Briefmarke nicht nur für Sophie-Germain-Primzahlen, sondern für alle Primzahlen bis  197  (später noch darüber hinaus) bewiesen werden konnte. Dies war ein bedeutender Fortschritt bei der Untersuchung der Fermat'schen Vermutung. Primzahlexponenten  p  spielen dabei eine besondere Rolle, denn mit  xp + yp  zp  gilt auch  xn + yn  zn  für alle  n ,  die Vielfache von  p  sind, wodurch sich die Anzahl der Exponenten erheblich erhöht, für die sich die Fermat'sche Vermutung als richtig erweist.

Erst 1994 gelang Andrew Wiles mit Unterstützung von Richard Taylor der Beweis der Fermat'schen Vermutung für alle Exponenten; seitdem heißt sie Großer Satz von Fermat.

Den Satz von Sophie Germain findet man in verschiedenen Varianten in den folgenden Quellen:

    Ausarbeitung von Barbara Langfeld, Universität Oldenburg
    Sophie Germain's Theorem (Wikipedia)
    Sophie Germain; Her work on Fermat's Last Theorem (Wikipedia)
    Fermat's Last Theorem; Early modern breakthroughs (Wikipedia)


Auf der Briefmarke sind Graphiken abgebildet, die auf ein weiteres Forschungsgebiet von Sophie Germain hinweisen: Chladnische Klangfiguren.  –  Ernst Florens Friedrich Chladni machte Wellenmuster auf Platten sichtbar, die mit unterschiedlichen Schwingungen angeregt werden. Germain leistete Pionierarbeit zur mathematischen Theorie dieses physikalischen Phänomens, ging allerdings anfänglich von falschen Randbedingungen aus. Sie veröffentlichte danach noch mehrere Arbeiten zu diesem Problem; ausführliche Darstellungen dieser Schaffensperiode sind anscheinend rar und mir nur aus der französischen Wikipedia unter dem Abschnitt Problème des plaques vibrantes bekannt.  –  Die Marke zeigt vier der Klangfiguren für quadratische Platten und darüber in Hellblau die Sinuskurve einer reinen Schwingung.


Weitere Briefmarken mit dem Satz von Fermat:

    Marke # 1
    Marke # 121
    Marke # 122


Publiziert 2022-08-16          Stand 2023-03-30


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