Manfred Börgens
Mathematik auf Briefmarken  # 113
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Mitchell-Marke

Gambia 1986  Michel 610  Scott 604


Mathematikerinnen

Folge 1
Maria Mitchell (1818 - 1889)


Mit dieser Ausgabe von "Mathematik auf Briefmarken" beginnt eine neue Reihe: "Mathematikerinnen". Diese Reihe wird in unregelmäßigen Abständen weitergeführt werden.

In früheren Zeiten, und teilweise bis heute, war es für Frauen schwer oder unmöglich, eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen. Dies gilt auch für die Mathematik. Es ist aber anzunehmen, dass sich mathematisches Talent bei Frauen etwas leichter entfalten konnte als eine naturwissenschaftliche Begabung, da letztere in der Regel einen Zugang zu Laboren benötigt, der Frauen vielfach verwehrt blieb. Mathematik lässt sich auch im Stillen ausüben. Viel schwerer ist es allerdings, eine öffentliche Wirkung eigener Forschung zu entfalten; das zeigen einige der hier vorgestellten Lebensläufe von Mathematikerinnen auf. In jüngerer Zeit findet man aber zunehmend erfolgreiche akademische Karrieren von Mathematikerinnen; einige von ihnen werden mit Briefmarken in dieser Reihe geehrt.

Der Begriff der "Mathematikerin" soll hier nicht allzu eng gefasst werden. Der Bezug der Frauen in dieser Reihe zur Mathematik ist mal mehr und mal weniger ausgeprägt und manchmal nur durch die Anwendung der Mathematik in anderen Gebieten bestimmt.


Die gezeigte Briefmarke ist eine der zahlreichen Marken, die anlässlich des Erscheinens des Halley'schen Kometen im Jahr 1985 in den Ländern des Commonwealth herausgegeben wurden. Ein anderes Exemplar wurde als Briefmarke # 7 gezeigt.

Die Briefmarke aus Gambia zeigt die amerikanische Astronomin Maria Mitchell.  -  Edmond Halley ist links unten zu sehen. Rechts oben sieht man ein kleines Portrait von Lubos Kohoutek, nach dem (ebenso wie nach Maria Mitchell) ein von ihm entdeckter Komet benannt ist. Rechts unten ist das Kitt Peak National Observatory in Arizona abgebildet, das 1958 erbaut wurde.

Maria Mitchell wurde vor allem bekannt als Astronomin und Frauenrechtlerin, gehört aber auch in eine Sammlung mathematischer Philatelie.

Maria lebte auf der Atlantik-Insel Nantucket unter Seefahrern und lernte schon als Kind von ihrem Vater die mathematischen Prinzipien von Sextanten und anderen nautischen Instrumenten, um aus der Stellung der Sterne Uhrzeit und geographische Position zu berechnen. Ihre Bildung eignete sie sich überwiegend im Selbststudium an. Im Atheneum, der Bibliothek von Nantucket, fand sie Bücher von Laplace und Gauß (Theorie der Bewegung der Himmelskörper) und studierte Differentialgleichungen und analytische Geometrie. Ihre Begeisterung für die Astronomie geht auf ihren Vater zurück, der ein privates Teleskop besaß und Maria an seinen Beobachtungen teilhaben ließ.

Mit 17 Jahren wurde Maria Mitchell Lehrerin und zwei Jahre später Leiterin des Atheneums. Diese Tätigkeit ließ ihr genügend Raum zu eigenen Studien  -  eine Hochschule hat sie nie besucht. Ihre Veröffentlichungen betrafen vorwiegend ihre astronomischen Forschungen, aber sie publizierte auch als Mathematikerin zur Fermat'schen Vermutung und zu Sophie-Germain-Primzahlen. Für sie bildete die Mathematik die Grundlage der Naturwissenschaften, wie ihr Ausspruch "Der Zugang zur Astronomie erfolgt durch die Mathematik" zeigt. Dies erwies sich im Jahr 1847 in besonderer Weise als richtig: Am 1. Oktober entdeckte Maria Mitchell einen Kometen, der später nach ihr benannt wurde. Es gelang ihr, die Bahndaten und das Perihel des Kometen zu berechnen und zu publizieren. Das machte sie mit einem Schlag berühmt. Sie wurde in mehrere wissenschaftliche Gesellschaften berufen.

1865 wurde das Vassar College im Staat New York eröffnet, eine der ersten Frauen-Universitäten. Maria Mitchell wurde dorthin als erste Astronomieprofessorin Amerikas berufen. Ihre Lehrveranstaltungen waren anspruchsvoll, weil sie von den angehenden Astronominnen selbstverständlich erwartete, die zugrundeliegende Mathematik zu beherrschen.  -  Maria war auch Mitarbeiterin beim American Nautical Almanac und setzte ihre mathematischen Kenntnisse zur Berechnung der Positionen der Venus ein.

Maria Mitchell setzte sich Zeit ihres Lebens für die Gleichberechtigung der Frauen ein, insbesondere im Bereich von Bildung und Wissenschaft. Sie war Gründungsmitglied und später Präsidentin der Association for the Advancement of Women, die u.a. der Einführung des allgemeinen Frauenwahlrechts den Weg ebnete.


Publiziert 2020-10-29          Stand 2019-08-26


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