Manfred Börgens Mathematische Probleme # 83 |
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Sphärische Triangulation
Teil 3 Teil 4
Die Lösung steht im unteren Teil der Seite.
In den beiden ersten Teilen der "Sphärischen Triangulation" wurden sowohl sphärische Deltaeder als auch die zugehörigen normalen Kugel-Deltaeder, wie sie beim Bau Geodätischer Kuppeln vorkommen, untersucht. Sowohl das Penta-Dodekaeder als auch das Tetra-Ikosaeder weisen in recht guter Näherung Kugelgestalt auf.
Es soll darauf hingewiesen werden, dass hier - wie auch in den Problemen 81 und 82 - spezielle Deltaeder untersucht werden, deren Kanten nicht gleich lang sein müssen und deren Ecken sämtlich auf der Umkugel liegen. Der Grund dafür liegt in der ursprünglichen Problemstellung der sphärischen Triangulation, als deren Weiterführung die Betrachtung der Geodätischen Kuppeln naheliegend erscheint.
Bild 1 Penta-Dodekaeder und Tetra-Ikosaeder
In der Literatur findet man das Penta-Dodekaeder unter dem Namen Pentakisdodekaeder, siehe [1]; dieses sollte nicht verwechselt werden mit dem Pentagondodekaeder, welches lediglich eine andere Bezeichnung für das Dodekaeder ist. Üblicherweise wird von Deltaedern gefordert, dass sie nur aus gleichseitigen Dreiecken bestehen (dann gibt es nur endlich viele, siehe [2]); dies gilt in den hier vorgelegten drei Problemen zur sphärischen Triangulation nicht.
Unter den Platonischen Körpern füllt das Dodekaeder die Umkugel am besten aus, also insbesondere zu einem höheren Anteil als das Ikosaeder, obwohl dieses mehr Flächen aufweist. Also liegt es nahe, dass wir für Penta-Dodekaeder und Tetra-Ikosaeder ebenfalls das Volumen berechnen und vergleichen.
Die Ausfüllung der Umkugel durch ein Kugel-Deltaeder ist eine naheliegende Frage für die Erbauer Geodätischer Kuppeln. Aber für eine möglichst gute "Kugelgestalt" lassen sich auch andere Kriterien heranziehen. Wir wollen hier drei Kriterien betrachten:
Wir beginnen mit der Kantenlänge des Dodekaeders. In Problem 82 wurde der Wert 0,7136 angegeben, aber das ist nur ein Näherungswert. Schauen wir in eine Formelsammlung. Dort wird meist der Radius der Umkugel in Abhängigkeit von der Kantenlänge angegeben, und nicht umgekehrt:
Die letzte Umformung haben wir vorgenommen, weil a eine "schöne" Form haben soll, und zwar wie in (*).
Dabei wurde die erste Form von a mit √3·(√5 - 1) erweitert. - Für das Volumen findet man mit (3) und r = 1 :
Den letzten Ausdruck erhält man durch einfaches Ausmultiplizieren. - Für die Oberfläche A schauen wir zuerst die Formel für den Flächeninhalt A5-Eck des regelmäßigen Fünfecks nach und setzen dann a aus (3) (mit r = 1 ) ein:
Für die letzte Gleichung multipliziert man a2 und dann a4 aus und schreibt dann (a4)1/2 mit der hinteren Wurzel (aus A5-Eck ) unter eine gemeinsame Wurzel.
Nun geht es weiter mit dem Ikosaeder. Wir beginnen wieder mit der Kantenlänge:
Dabei wurde die erste Form von a zuerst mit (5 - √5)1/2 erweitert, und dann mit √10 . - Für das Volumen findet man mit (6) und r = 1 :
Bei der letzten Umrechnung spaltet man a3 in a·a2 auf und multipliziert zuerst alle Terme außer der Doppelwurzel aus. Dieses Produkt enthält einen Faktor 5 + √5 , den man als ((5 + √5)1/2)2 schreibt. Der Rest geht mit der 3. binomischen Formel. - Die Oberfläche ist das 20-fache der Dreiecksfläche mit a als Seitenlänge:
Nun können wir die drei Maßzahlen v1 , v2 , v3 berechnen. Für eine möglichst gute "Kugelgestalt" sollten alle drei möglichst nahe bei 1 liegen.
Für v1 wird das Volumen des Kugel-Deltaeders aus (4) bzw. (7) durch (4/3)·π geteilt. Für v2 wird die Oberfläche aus (5) bzw. (8) durch 4·π geteilt.
Für die Sphärizität v3 erhält man zunächst aus VKugel = (4/3)·π·r3 und AKugel = 4·π·r2 :
Dann teilt man den Wert in (9) durch die Oberfläche aus (5) bzw. (8); für VKugel setzt man das Volumen aus (4) bzw. (7) ein.
Dodekaeder | Ikosaeder | |
v1 | 0.6649 | 0.6055 |
v2 | 0.8367 | 0.7619 |
v3 | 0.9105 | 0.9393 |
Bei v1 und v2 schneidet also das Dodekaeder besser ab, bei der Sphärizität das Ikosaeder.
Es geht weiter mit dem Penta-Dodekaeder. Wie in der Aufgabenstellung beschrieben, legen wir zunächst das Dodekaeder so in ein (x,y,z)-Koordinatensystem, dass sein Mittelpunkt in (0,0,0) und eine Seitenfläche (Fünfeck) parallel zur (x,y)-Ebene mit z > 0 liegt. Dann ist z der Inkugelradius ri , den wir für r = 1 mit (3) so umformen können, dass er a nicht mehr enthält und (*) erfüllt:
Diese Berechnung ist leicht nachzuvollziehen, wenn man a als (a2)1/2 schreibt und dann a2 unter die hintere Wurzel zieht. - Zwei Ecken des Penta-Dodekaeders ( B und C ) sind dann identisch mit zwei benachbarten Ecken des Fünfecks; die dritte ( D ) liegt im "höchsten" Punkt der Umkugel, also in (0,0,1) . Der Einfachheit halber legen wir B in (t,0,ri) ; dabei ist t der Radius des Kreises, auf dem die Ecken des Fünfecks liegen. Schaut man sich den Schnitt durch die Umkugel an, der durch B und D geht, so bilden die Radien der Umkugel, der Inkugel und des Kreises ( r = 1, ri und t ) ein rechtwinkliges Dreieck. Somit gilt:
Da C auf dem Fünfeck zu B benachbart liegt, und auch auf dem Kreis mit Radius t , müssen die x- und y-Koordinaten eine Drehung um 72° machen. Das führt auf x = t·cos 72° und y = t·sin 72° . Nun ist cos 72° = (√5 - 1)/4 und sin 72° = √2·(5 + √5)1/2/4 . So erhalten wir alle Koordinaten für ein Dreieck des Penta-Dodekaeders:
Mit (2) berechnen wir VΔ und damit das Volumen des Penta-Dodekaeders:
(13) V = 60·VΔ ≈ 3.5049
(Das wird man natürlich nicht von Hand rechnen, auch nicht mit dem Taschenrechner. Für die Kreuz- und Skalarprodukte schreibt man ein kleines Programm, z.B. in Excel, noch einfacher in Mathematica.)
Mit (1) berechnen wir AΔ und damit die Oberfläche des Penta-Dodekaeders:
(14) A = 60·AΔ ≈ 11.3967
Als letztes führen wir die Berechnungen zum Tetra-Ikosaeder durch. Das Ikodaeder legen wir wieder so in ein (x,y,z)-Koordinatensystem, dass sein Mittelpunkt in (0,0,0) und eine Seitenfläche (Dreieck) parallel zur (x,y)-Ebene mit z = ri liegt. Wir beginnen wieder mit dem Inkugelradius für r = 1 und rechnen analog (10).
Die Ecken von BCD in Bild 2 liegen auf einem Kreis, in einem Winkelabstand von 120° . Wir können also ganz analog zum Penta-Dodekaeder vorgehen und B in (t,0,ri) legen. Da der Inkugelradius der gleiche ist wie beim Dodekaeder, hat t den gleichen Wert wie in (11). So erhalten wir alle Koordinaten für ein Dreieck des Ikosaeders:
Dann ist BoC = ((B+C)/2) / ||(B+C)/2|| , also der Mittelpunkt zwischen B und C , dividiert durch dessen Abstand von (0,0,0) ; analog für CoD und DoB . Für das mittlere Dreieck in Bild 2 setzen wir in (1) und (2) die Koordinaten von BoC, CoD und DoB ein (von diesen Dreiecken gibt es 20 auf dem Tetra-Ikosaeder). Für eines der anderen, nicht-gleichseitigen Dreiecke setzen wir in (1) und (2) die Koordinaten von B, BoC und DoB ein (von diesen Dreiecken gibt es 60 auf dem Tetra-Ikosaeder). Mit den Bezeichnungen VΔm und AΔm für das Mitteldreieck sowie VΔa und AΔa für das andere Dreieck erhalten wir mit (2) bzw. (1):
(17) V = 20·VΔm + 60·VΔa ≈ 3.6587
(18) A = 20·AΔm + 60·AΔa ≈ 11.6659
Nun können wir die drei Maßzahlen v1 , v2 , v3 berechnen. Das geht analog zu Dodekaeder und Ikosaeder (oben hinter (8) bis zur Tabelle).
Penta-Dodekaeder | Tetra-Ikosaeder | |
v1 | 0.8367 | 0.8735 |
v2 | 0.9069 | 0.9283 |
v3 | 0.9791 | 0.9843 |
Dass diese beiden Kugel-Deltaeder besser abschneiden als die beiden Platonischen Körper, überrascht natürlich nicht. Letztere wird man wohl auch nicht als Geodätische Kuppeln errichten. - Bei allen drei Werten schneidet also das Tetra-Ikosaeder besser ab als das Penta-Dodekaeder. Insbesondere bedeutet das ein größeres Volumen der Geodätischen Kuppel und eine bessere Sphärizität; bei v2 ist allerdings zu bemerken, dass das Tetra-Ikosaeder auch einen höheren Materialverbrauch erfordert.
Zur 1. Bemerkung: Das Volumen einer aufgesetzten Pyramide ist gleich Grundfläche × Höhe/3 . Die Grundfläche ist die Fünfeckfläche aus (5); die Höhe ist 1 - ri , siehe (10). Durch einfaches Ausmultiplizieren erhält man so das Volumen der 12 aufgesetzten Pyramiden; dazu wird noch das Dodekaedervolumen aus (4) addiert. Damit kann für das Volumen des Penta-Dodekaeders sogar ein exakter Wert angegeben werden:
Auch die Oberfläche lässt sich auf geometrischem Wege exakt darstellen. Ein Dreieck des Penta-Dodekaeders hat als Basis die Kantenlänge a des Dodekaeders aus (3) mit r = 1 . Benennt man die beiden anderen Seiten mit ag , so ist ag2 = (1 - ri)2 + t2 = 2·(1 - ri) wegen (11). Als Flächeninhalt des Dreiecks ergibt sich daraus (√15 - √3)·(ag2 - a2/4)1/2/6 . 60 dieser Dreiecke fügen sich zur Oberfläche zusammen:
Rechnet man (17) und (18) numerisch aus, erhält man näherungsweise natürlich wieder die Werte aus (13) und (14).
Publiziert 2013-06-09 Stand 2012-04-11
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