Manfred Börgens Mathematik auf Briefmarken # 104 |
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Israel 1973 Michel 597 Scott 528 Syrien 2008 Michel 2291 Scott 2235 Österreich 1981 Michel 1680 Scott 1187 Schweden 1982 Michel 1182-4 Scott 1396-8 Italien 1990 Michel 2146 Scott 1808
Unmögliche Objekte
Die Briefmarken zeigen geometrische Objekte, die in der dreidimensionalen Welt nicht existieren können, aber im ebenen Bild "stimmig" sind. Man kann keine konkrete Stelle aufzeigen, an der der Graphiker "gemogelt" hat; es gibt (lokal) keinen logischen Bruch mit geometrischen Regeln.
Die "Mutter der unmöglichen Objekte" ist das Penrose-Dreieck :
Dieses Objekt ist nach Roger Penrose benannt, als eigentlicher Erfinder gilt aber Oscar Reutersvärd, dem wir bei der Besprechung der schwedischen Briefmarken wieder begegnen werden.
Roger Penrose Guinea 2010 Michel 7617
Nun zu den oben abgebildeten Briefmarken.
Auf dieser israelischen Briefmarke sieht man das Penrose-Dreieck mit einem Schlitz. Auf die Bedeutung dieses Schlitzes wird noch eingegangen. Die Marke würdigt das 50-jährige Bestehen des Technions. So heißt das Israel Institute of Technology in Haifa, die führende Technische Hochschule in Israel.
Dies ist das Logo des Technions - es zeigt ein Zahnrad und eine stilisierte Fackel; ein unmögliches Objekt ist die Fackel aber nicht, und dies war wohl auch nicht beabsichtigt. Aber der Graphiker der Briefmarke hat den Schlitz im Dreieck kreativ interpretiert und die Fackel in ein Penrose-Dreieck verwandelt.
Auch auf dieser Marke bildet das Penrose-Dreieck das zentrale Motiv. Sie wurde 2008 anlässlich der 55. Internationalen Messe in Damaskus herausgegeben. Das Penrose-Dreieck scheint schon seit langer Zeit ein Logo dieser jährlich stattfindenden Messe zu sein, denn auf der Messe-Briefmarke von 1969 erscheint es ebenfalls (oben rechts):
Syrien 1969 Michel 1072 Scott C441
Auf der österreichischen Briefmarke wird die dritte Dimension deutlich augenfälliger als beim Balkendreieck von Reutersvärd und Penrose. Der unmögliche Quader wurde 1981 von der Österreichischen Mathematischen Gesellschaft (ÖMG) zum 10. Internationalen Österreichischen Mathematikerkongress ausgewählt. Dieser Kongress findet alle vier Jahre statt, 1981 in Innsbruck. Die ÖMG scheint unmögliche Objekte zu mögen, denn ihr Logo ist ein Penrose-Dreieck :
Das Konstruktionsprinzip des unmöglichen Quaders erkennt man in der folgenden Skizze. Links sieht man einen "stimmigen" Quader, rechts einen unmöglichen.
Die beiden Quader unterscheiden sich nur an einer einzigen Stelle, bei der eine vorne liegende Kante nach hinten verlegt wurde; diese Stelle ist im folgenden Bild markiert :
Auch hier zeigt sich wieder, dass die markierte Stelle, lokal betrachtet, in keiner Weise widersprüchlich ist, und das gilt für jede Stelle des Quaders. Erst in der Gesamtschau erkennt man, dass das Objekt paradox ist.
Den paradoxen Effekt kann man auch noch auf andere Weise beschreiben. Ein Quader, bei dem man alle Linien lückenlos zeichnet, wie in der folgenden Skizze ganz links, ist ein Kippbild, das bei längerem Betrachten zwischen zwei Perspektiven hin und her wechselt (mal ist die Vorderseite links unten, mal rechts oben). Deutet man durch Lücken in den Kanten an, welche Kanten vorne und welche hinten liegen, ist nur noch eine der beiden Perspektiven stimmig. Dieser Effekt ist in der Skizze zusätzlich hervorgehoben, indem bei den beiden mittleren Quadern die Vorderseite farbig markiert wurde; auf diese Weise wird aus dem Kippbild ein eindeutiges Bild. Zeichnet man aber die Lücken wie im rechten Quader (quasi als Mischung der beiden mittleren Darstellungen), so sind beide Perspektiven nicht stimmig, und somit ist ein unmögliches Objekt entstanden.
Diese Marken zeigen drei unmögliche Objekte des schwedischen Künstlers Oscar Reutersvärd (1915 -2002). Von ihm stammt wohl die Idee des Balkendreiecks, das später nach Penrose benannt wurde. Es ist in abgewandelter und sehr ansprechender Form auf der linken der drei Marken zu sehen. Reutersvärds unmögliche Objekte haben auch Maurits Cornelis Escher inspiriert.
Diese unmöglichen Objekte sind ungewöhnlich und deshalb besonders reizvoll. Sie sind in den italienischen Nationalfarben gezeichnet, weil die Marke einen Nationalhelden würdigt: Aurelio Saffi (1819 - 1890) zu seinem 100. Todestag.
Hier kommt noch ein Fund aus der Website Impossible World von Vlad Alexeev - drei privat erstellte Briefmarken mit dem Reutersvärd-Penrose-Dreieck und seinem viereckigen Analogon, das man als Reutersvärd-Penrose-Quadrat bezeichnen kann:
Publiziert 2018-08-27 Stand 2017-01-07