Manfred Börgens Mathematik auf Briefmarken # 80 |
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Mosambik 2001
Die 72 Namen von Wissenschaftlern am Eiffelturm
Pierre-Simon de Laplace (1749 - 1827)
Der Eiffelturm, errichtet für die Weltausstellung 1889 als das damals höchste Gebäude der Welt, wurde zum Wahrzeichen von Paris und Frankreich. Diese Weltausstellung fand zur 100-Jahr-Feier der Französischen Revolution statt. Gustave Eiffel hatte die schöne Idee, französische Wissenschaftler, die in diesen 100 Jahren gelebt haben, durch Tafeln mit ihren Namen am Eiffelturm zu ehren. Dabei beschränkte man sich fast ausschließlich auf Naturwissenschaftler, Mathematiker und Ingenieure.
Insgesamt tragen die Tafeln 72 Namen, 18 auf jeder Seite des Turms. Sie füllen ein Fries aus, das rund um die Basis der 1. Etage läuft, also am oberen Ende der vier Stützpfeiler. Viele der geehrten Wissenschaftler sind auch heute noch bekannt oder sogar berühmt.
Fast während des gesamten 20. Jahrhunderts waren die Inschriften weitgehend unter einer Farbschicht verschwunden und nicht mehr lesbar. 1987 wurden sie freigelegt. Die erhabenen Lettern waren ursprünglich golden lackiert; heute sind sie von gleicher Farbe wie die übrigen Metallteile des Turms und deshalb vom Boden aus nur schwer lesbar.
Unter den 72 Männern befindet sich die erstaunliche Anzahl von 23 Mathematikern. Allerdings sind einige von diesen heute als Physiker bekannter als durch ihre Beiträge zur Mathematik. Als Beispiel mag André-Marie Ampère dienen, der sich erst im Alter von 45 Jahren der Elektrotechnik zuwandte, in seinen jüngeren Jahren aber als Mathematiker arbeitete und für seine Forschungen zu partiellen Differentialgleichungen in die französische Akademie der Wissenschaften (Académie des sciences) aufgenommen wurde. Deshalb wird er hier in der Gruppe der Mathematiker mit aufgeführt, obwohl seine größten Leistungen zweifellos der Physik und Technik zuzurechnen sind. - In der Gruppe sind auch Astronomen und Ingenieure, aber nur solche, die ihre mathematische Ausbildung auch für theoretisch fundierte Problemlösungen eingesetzt haben (wie z.B. Lalande für das Dreikörperproblem oder Bresse für die Durchbiegung von Balken).
Pierre-Simon de Laplace ist von den 72 Wissenschaftlern sicherlich einer der bedeutendsten. Er soll hier stellvertretend für die 23 Mathematiker vorgestellt werden. Seinen Namen findet man auf der NW-Seite (Trocadéro) des Eiffelturms als 9. von links (siehe die Bilder neben der Briefmarke; das gelbe Rechteck markiert die Laplace-Tafel).
Laplace lernte die Mathematik im Jesuiten-Konvent von Caen kennen. Er ging von dort nach Paris und fand in Jean le Rond d'Alembert einen Förderer seiner Fähigkeiten. Schon in jungen Jahren schrieb Laplace zahlreiche Publikationen zur Analysis, zu Differentialgleichungen und zur Wahrscheinlichkeitsrechnung, die ein lebenslanges Projekt für ihn war und zu deren mathematischer Fundierung er wesentlich beitrug. Er wurde in die Académie des sciences aufgenommen und galt zu seiner Zeit als einer der führenden Mathematiker. Sein Hauptinteresse lag in der Anwendung der Mathematik auf die Himmelsmechanik. Im Alter von 50 Jahren begann Laplace mit der Arbeit an seinem Hauptwerk Traité de Mécanique Céleste über die Bewegung der Körper des Sonnensystems, das er erst wenige Jahre vor seinem Tod fertigstellte. Seine mathematischen und physikalischen Arbeiten begründeten seinen Nachruhm, der sich in unserer Zeit u.a. in 19 mathematischen Begriffen mit seinem Namen in der online-Enzyklopädie MathWorld zeigt.
Laplace lebte in wechselhaften Zeiten. Er wurde 40 Jahre vor der Französischen Revolution geboren. Nach 1789 bekleidete er verschiedene Ämter, unter anderem als Vorsitzender des Komitees für Maße und Gewichte, musste aber während Robespierres Schreckensherrschaft aus Paris fliehen. Später diente er erst Napoleon (sogar kurze Zeit als Innenminister) und dann dem Königshaus während der Restauration. Für seine Gegner war er ein Opportunist, der es geschickt verstanden hatte, unter den verschiedensten Regierungen zu überleben. Diese Wendigkeit ermöglichte Laplace aber eine weitgehend ungestörte Arbeit an seinem umfangreichen wissenschaftlichen Werk.
Hier sind die 23 Mathematiker, die man auf den Tafeln des Eiffelturms findet:
Ampère, André-Marie
Bélanger, Jean-Baptiste-Charles-Joseph
de Borda, Jean-Charles
Bresse, Jacques Antoine Charles
Carnot, Lazare Nicolas Marguerite → Briefmarke # 78
Cauchy, Augustin Louis → kommentierte Briefmarke
Chasles, Michel
Coriolis, Gaspard-Gustave
Delaunay, Charles-Eugène
Fourier, Jean Baptiste Joseph
de Lagrange, Joseph-Louis → Briefmarke # 43
de Lalande, Joseph Jérôme Lefrançois
Lamé, Gabriel
de Laplace, Pierre-Simon → weitere Briefmarke
Legendre, Adrien-Marie
Le Verrier, Urbain Jean Joseph
Monge, Gaspard
Navier, Claude Louis Marie Henri
Poinsot, Louis
Poisson, Siméon Denis
Poncelet, Jean-Victor
de Prony, Gaspard
Sturm, Jacques Charles François
Wie schon erwähnt, lassen sich die 72 Wissenschaftler, die von Eiffel gewürdigt wurden, nicht ganz leicht in Mathematiker und Nicht-Mathematiker trennen. Die französische Wikipedia führt in ihren biographischen Artikeln bzw. im Artikel über die 72 Namen zusätzlich den Astronomen Delambre, die Physiker Malus und Morin sowie den Geodäten Perrier als Mathematiker auf, was aber einer genaueren Recherche nicht recht standhält.