Manfred Börgens
Mathematische Probleme  # 111
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Zwei Umschläge


Hier kommt eine Variante des Two Envelopes Paradox (auf Deutsch manchmal mit Umtauschparadoxon übersetzt). Allen Versionen dieses Problems (das in Wahrheit kein Paradoxon ist) liegt zugrunde, dass Spieler  A  zwei verschiedene Geldbeträge in zwei (danach verschlossene) gleiche Umschläge steckt, Spieler  B  einen der beiden Umschläge öffnet und dann entscheiden kann, ob er den darin enthaltenen Betrag behält oder statt dessen den Inhalt des anderen Umschlags wählt (ohne ihn gesehen zu haben).

Im Kongress-Magazin des ICM 2018 wurde eine spezielle Variante des Two Envelopes Paradox diskutiert, in der nur  A  ein wirklicher "Spieler" ist (also auswählen darf, welche Beträge er in die Umschläge füllt), während  B  eine Strategie für "Behalten oder Tauschen" durch einen Zufallsalgorithmus vorgegeben wird, der auch  A  bekannt ist. Da dieses Problem seinen Fokus auf das Verhalten von  A  legt, entspricht es nicht dem klassischen Two Envelopes Paradox, in welchem es vor allem auf die optimale Strategie des Spielers  B  ankommt.  -  Hier soll nun das Problem vom ICM "umgedreht" werden:  A  spielt eine passivere Rolle,  B  kann entscheiden.

Nun zunächst zu den Randbedingungen, wie sie im ICM-Magazin beschrieben wurden. Die beiden Umschläge enthalten die ganzzahligen Beträge  i  und  j ,  o.E.  i < j ,  mit  i, j  {0, 1, ..., n}, n  N .  n  ist fest gewählt und beiden Spielern vorab bekannt.  -  Die Strategie für  B  wird  -  wie üblich beim Two Envelopes Paradox  -  durch eine Schwelle  x  bestimmt. Er tauscht die Umschläge genau dann, wenn er im ersten Umschlag einen Betrag   x  findet.

Bis hierhin folgen wir dem ICM-Problem. Dort geht es so weiter:  B  wählt  x  zufällig und mit gleicher Wahrscheinlichkeit aus den halbzahligen Werten  1/2, 3/2, ..., n - 1/2  aus.  A  kennt diese (Zufalls-)Strategie.  B  erzielt den höheren Betrag  j  mit Wahrscheinlichkeit  p > 1/2 .  Für  A  gibt es eine optimale Strategie zur Minimierung von  p ,  nämlich  j = i+1 .  Soweit zum ICM-Problem (hier in verkürzter Form). Wir werden im Folgenden einem anderen Ansatz folgen.

Die Zufälligkeit soll jetzt mit der Wahl von (i,j) durch  A  ins Spiel kommen.  A  wählt mit gleicher Wahrscheinlichkeit ein Paar (i,j) aus den  n(n+1)/2  Möglichkeiten aus.  B  dagegen ist frei in der Wahl von  x  {1/2, 3/2, ..., n - 1/2}.


Aufgabe 1

Die Wahrscheinlichkeit  p ,  den höheren Betrag  j  zu erzielen, wurde bereits bei der ICM-Variante eingeführt. Berechnen Sie  p  in Abhängigkeit von  x .


Aufgabe 2

Berechnen Sie die optimale Schwelle  xopt ,  mit der  B  für  p  aus Aufgabe 1 den maximalen Wert  pmax  erzielt.  -  Bei der Gelegenheit können Sie auch noch  pmin  berechnen.


Aufgabe 3

Berechnen Sie den Erwartungswert  E  für die Auszahlung an  B  in Abhängigkeit von  x .


Aufgabe 4

Berechnen Sie die optimale Schwelle  x'opt ,  mit der  B  für den Ertrag  E  aus Aufgabe 3 den maximalen Wert  Emax  erzielt.  -  Bei der Gelegenheit können Sie auch noch  Emin  berechnen.


Aufgabe 5

Zeigen Sie, dass es für große  n  bei der Wahl der Schwelle "nicht so genau darauf ankommt": Wenn nämlich  B  in den Aufgaben 2 und 4 statt der optimalen Schwelle eine Schwelle  xopt ± h  bzw.  x'opt ± h  mit festem  h  N  wählt (was natürlich nur für genügend große  n  einen Sinn ergibt), so ändern sich die Grenzwerte (mit wachsendem  n ) in den Aufgaben 2 und 4 nicht.



Lösung



Publiziert 2020-05-17          Stand 2019-01-07


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