Manfred Börgens Mathematische Probleme # 55 |
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Eisenbahn-Netzwerk
Die Lösung steht im unteren Teil der Seite.
Ein Netzwerk von Eisenbahn-Verbindungen lässt sich als Graph
darstellen, z.B. wie im folgenden Bild:
Die Knoten stellen die Bahnhöfe dar. Die Kanten sind die Direktverbindungen
zwischen verschiedenen Bahnhöfen. Bahnstrecken zwischen zwei Bahnhöfen
A und B, auf
denen weitere Bahnhöfe liegen, erhalten also keine eigene Kante von A
nach B. Man beachte, dass es auch Kreuzungspunkte von Bahnlinien geben
kann, an denen kein Bahnhof liegt, und dass das Netzwerk nicht
zusammenhängend
sein muss; beides sieht man im folgenden Bild von einem Küstenstaat mit
zwei Inseln:
Es soll unterstellt werden, dass es nicht mehrere Direktverbindungen
(also Parallelstrecken) zwischen zwei Bahnhöfen gibt.
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass man in einem Netzwerk
zwei Bahnhöfe findet, die die gleiche Anzahl von Direktverbindungen zu
anderen Bahnhöfen haben ?
Zur Problemstellung könnte man einwenden, dass die Wahrscheinlichkeit
für eine Direktverbindung (ohne Zwischenstationen) für weiter entfernt
liegende Orte kleiner ist als für nahe liegende Orte, und dass man
diese Wahrscheinlichkeiten nicht kennt. Insofern erscheint die Aufgabe
etwas realitätsfremd. Aber in Wirklichkeit ist diese Aufgabe
gar kein
Wahrscheinlichkeitsproblem. Wie die beiden Skizzen in der
Problemstellung nahelegen, muss man Eigenschaften bestimmter
Graphen
untersuchen.
Um welchen Graphentyp handelt es sich? Eisenbahn-Netzwerke dieser Art
haben eine Reihe spezieller Eigenschaften. Sie sind (in der
Terminologie der Graphentheorie):
Das folgende Bild zeigt nicht erlaubte Bestandteile: isolierte Ecke,
Schleife, gerichtete Kante, parallele Kanten.
Der graphentheoretische Begriff für die Anzahl der Kanten, die von
einer Ecke ausgehen, ist der Grad der Ecke. Isolierte Ecken
haben Grad 0. Bei beiden
Beispielen in der Problemstellung gibt es jeweils Ecken mit gleichem
Grad, d.h. Bahnhöfe mit
derselben Anzahl von Direktverbindungen. Es liegt nahe, weitere
einfache Beispiele zu untersuchen. Sehr schnell stellt sich die
Vermutung ein:
In jedem Eisenbahnnetzwerk gibt es (mindestens) zwei Bahnhöfe
mit derselben Anzahl von Direktverbindungen.
Die in der Problemstellung gesuchte Wahrscheinlichkeit ist also 1 .
Dies lässt sich auch leicht beweisen:
In einem Netzwerk mit n Bahnhöfen hat
jeder Bahnhof zwischen 1 und n-1
Direktverbindungen. Für den Grad der Ecken gibt es also nur n-1
Möglichkeiten. Bei n Bahnhöfen muss
folglich (mindestens) eine dieser Möglichkeiten doppelt (oder mehrfach)
vorkommen.
Isolierte Ecken, also Bahnhöfe ohne Anschluss, hätte man nicht
ausschließen müssen. Denn der Beweis lässt sich für diesen Fall
modifizieren: Wären alle Grade der n Ecken verschieden, so käme jeder
Grad von 0 bis n-1 je einmal vor. Dann müsste aber der Bahnhof mit den n-1 Direktverbindungen mit allen anderen Bahnhöfen verbunden sein, also
könnte Grad 0 nicht vorkommen.
Dagegen versagt die Argumentation bei Parallelstrecken oder Schleifen,
wie man an den beiden folgenden Mini-Netzwerken sieht, in denen alle
Ecken verschiedene Grade haben:
Publiziert 2006-06-14 Stand 2005-09-13
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