Manfred Börgens
Mathematik auf Briefmarken  # 40
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Briefmarke des Monats April 2004

Marke mit Portrait von Pascal   Frankreich 1962

  Michel 1398
  Scott 1038




Blaise Pascal (1623 - 1662)

Die Briefmarke wurde zum 300. Todestag Pascals herausgegeben.

Der Franzose Blaise Pascal war einer der besten Mathematiker des 17. Jahrhunderts. Er besuchte keine Schule, hatte nie eine akademische Position inne und übte auch keinen Beruf aus. Dies mag daran gelegen haben, dass er sein ganzes Leben lang unter verschiedenen Krankheiten litt, die ihn vor allem in seinem letzten Lebensjahrzehnt starke Schmerzen leiden ließen. Zu seinem Glück war er finanziell unabhängig, da er aus einer wohlhabenden Familie von Kaufleuten und königlichen Beamten stammte. Pascal begann sich früh für Mathematik zu interessieren. Ab seinem 12. Lebensjahr widmete er sich der Geometrie. Mit 16 Jahren veröffentlichte er seine erste Schrift, eine Abhandlung über Kegelschnitte. Es folgten physikalische Forschungen zu Luftdruck, Vakuum und Hydrostatik. Sehr bekannt wurde sein Pascal'sches Dreieck (Publikation 1654), auf das weiter unten noch eingegangen wird. In einer Korrespondenz mit Pierre de Fermat entwickelte Pascal die Grundlagen der Wahrscheinlichkeitstheorie. Seine letzten Untersuchungen galten der Zykloide und der Archimedischen Spirale; die dabei angewendeten infinitesimalen Methoden stehen schon an der Schwelle der Integralrechnung, die möglicherweise von Pascal erfunden worden wäre, hätte er länger gelebt.

Pascal wurde nicht nur als Mathematiker und Physiker berühmt. Er war ein tief religiöser Mann und verfasste mehrere Abhandlungen über Religion und Philosophie. Davon wurden die "Pensées" ("Gedanken") am bekanntesten.


Was ist auf der Briefmarke abgebildet?

Die Bilder rechts neben Pascals Porträt beziehen sich auf seine Werke als Philosoph und Theologe (dort sieht man auch den Schriftzug "Pensées"), die Bilder links erinnern an seine mathematischen Leistungen.

Gut zu erkennen ist ein Kegel mit einem Kegelschnitt (Ellipse). Dahinter sieht man den Graphen eines anderen Kegelschnitts, nämlich einer Hyperbel (mit Asymptoten). Bild 1 zeigt in der Seitenansicht, wie eine Hyperbel als Schnitt eines Doppelkegels mit einer Ebene entstehen kann. Der Winkel beta zwischen der Ebene und der Zentralachse des Doppelkegels ist dabei kleiner als der halbe Öffnungswinkel alpha der Kegel.

Schnitt durch Kegel
Bild 1

Auf noch einfachere Weise erhält man eine Hyperbel, wenn die Schnittebene parallel (mit positivem Abstand) zur Zentralachse verläuft. Dies ist links in Bild 2 dargestellt. Rechts sieht man die Hyperbel wie auf der Briefmarke; der Kegelschnitt ist in Rot und die Asymptoten sind in Blau gezeichnet. Die Gleichung der Hyperbel ist  x2 / a2 - y2 / b2 = 1 .

Entstehung einer Hyperbel
Bild 2


Etwas rätselhaft mag auf den ersten Blick das Objekt auf der Briefmarke unten links erscheinen. Es handelt sich um ein Bauteil der Rechenmaschine "Pascaline", die Pascal als junger Mann für seinen Vater baute, um diesem bei seinem Amt als Steuerbeamter zu helfen. Die Pascaline ist eine der frühesten mechanischen Rechenmaschinen. Im wesentlichen konnte sie nur addieren; selbst das Subtrahieren gelang nur mittels Komplementbildung. Sie war also der etwas früher gebauten Rechenmaschine von Wilhelm Schickard nicht ebenbürtig. Allerdings hatte die Pascaline eine Besonderheit: Sie war an das damalige französische Währungssystem angepasst. In diesem war der Livre die Basismünze; auf ein Livre kamen 20 Sols, auf ein Sol 12 Deniers. Diese Einheiten findet man auf Bild 3 wieder:

Pascaline von oben
Bild 3       Ansicht der Pascaline von oben


Von rechts nach links erkennt man auf Bild 3 die Stellenwerte:

Deniers
Sols
Nombres Simples (Einfache Zahlen)
Dixaines (Zehner)
Centaines (Hunderter)
Milles (Tausender)
Dixaines de Mille (Zehntausender)
Centaines de Mille (Hunderttausender)

Pascal musste also für die beiden rechten Stellen andere Übertragungen konstruieren als für die sechs linken Stellen. Der höchste Betrag, den diese Pascaline anzeigen konnte, war 999.999 Livres, 19 Sols, 11 Deniers.


Pascaline von unten
Bild 4       Ansicht der Pascaline von unten

Auf Bild 4 sieht man die Unterseite einer anderen Pascaline. Hier erkennt man, was die Briefmarke in der linken unteren Ecke darstellen will. Es handelt sich um einen Zahnkranz aus dem Innenleben der Pascaline. Bild 5 gibt davon eine technische Zeichnung wieder:

Zahnkraenze der Pascaline
Bild 5

Nur sehr wenige Exemplare der Pascaline sind bis heute erhalten. Eines davon kann man im Mathematisch-Physikalischen Salon im Dresdener Zwinger anschauen.


Das Pascal'sche Dreieck

            1
          1   1
        1   2   1
      1   3   3   1
    1   4   6   4   1
  1   5  10   10  5   1
1   6  15   20  15  6   1
....

Das Bildungsgesetz für dieses Dreieck ist leicht erkennbar: An den Rändern stehen Einsen; jede andere Zahl ist jeweils die Summe der beiden darüber stehenden Zahlen. In der n-ten Zeile steht dann an der k-ten Stelle (Zählung für  n  und  k  jeweils bei  0  beginnend) der Binomialkoeffizient

Binomialkoeffizient

Im Pascal'schen Dreieck stecken noch eine Vielzahl anderer Zusammenhänge. U.a. erkennt man in den Diagonalen die natürlichen Zahlen, darunter die Dreieckszahlen und die Tetraederzahlen.


Eine spezielle algebraische Kurve 4. Ordnung heißt Pascal'sche Schnecke. Aber sie ist nicht nach Blaise Pascal benannt, sondern nach seinem Vater Étienne Pascal. Sie hat die Gleichung  (x2 + y2 - ax)2 - b2(x2 + y2) = 0  und ist in Bild 6 für den Fall  a > b  abgebildet.

Pascal'sche Schnecke
Bild 6



Stand 2004-02-09
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