Manfred Börgens
Mathematik auf Briefmarken  # 56
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Marke mit Portrait Vega   Slowenien 1994

  Michel 81




Jurij Vega (1754 - 1802)


Jurij Vega war ein slowenischer Mathematiker und Militär-Ingenieur. Slowenien gehörte zu Vegas Lebzeiten zum österreichisch-habsburgischen Kaiserreich; sein deutscher Name war Georg Vega. Vega erhielt eine Ausbildung als Schifffahrtsingenieur und arbeitete bis 1780 an Projekten für Flussregulierung. Mit 26 Jahren wurde er Berufssoldat der kaiserlichen Armee. Im Militärdienst gelang es ihm, seine technischen und wissenschaftlichen Interessen und Begabungen zu entfalten: Studium in Mathematik, Naturwissenschaften, Ballistik und Geodäsie, Ausbildung zum Artillerieoffizier, Berufung zum Mathematikprofessor an der Wiener Militärakademie, Publikation mehrerer Mathematikbücher.

Jurij Vega war auch begeisterter Soldat und nahm an Schlachten gegen die Türken, Franzosen und Preußen teil. Für seine militärischen Verdienste wurde er 1800 in den Adelsstand erhoben und hieß seither Georg Freiherr von Vega. Zwei Jahre später wurde Vega ermordet.

Einen bleibenden Ruf erwarb sich Vega durch zwei Veröffentlichungen. 1793 bis 1797 erstellte er siebenstellige Logarithmentafeln, die bis 1957  100 Auflagen erlebten. Diese Tabellen waren zunächst für die in der Artillerie erforderlichen Präzisionsberechnungen geschrieben, wurden dann aber zunehmend im zivilen Bereich wegen ihrer Genauigkeit und Zuverlässigkeit geschätzt. Vegas zweite historische Leistung war die Aufstellung eines Weltrekords bei der Berechnung von  π : Von 1794 bis 1824 waren die von ihm berechneten 136 korrekten Stellen von  π  unübertroffen. Vega benutzte für seine Berechnung die Potenzreihe des Arkustangens:

arctan x = x - x3/3 + x5/5 - x7/7 + ...

Diese Reihe konvergiert offenbar umso schneller, je kleiner das Argument  x  ist. Vega setzte die Reihe auf zwei verschiedene Weisen ein:

π = 20 arctan 1/7 + 8 arctan 3/79
π = 8
 arctan 1/3 + 4 arctan 1/7

π-Formeln dieser Art waren zu Vegas Zeit schon länger bekannt. Sie fußen auf dem Additionstheorem des Tangens:

tan  +- β) = (tan α +- tan β) / (1 -+ tan α · tan β)

Setzt man  a = tan α  und  b = tan β , so folgt für  1 -+ a·b > 0 :

arctan a +- arctan b = arctan (a +- b)/(1 -+ a·b)

Die zweite der von Vega verwendeten Formeln für  π  ergibt sich dann so:

a = 1 , b = 1/7    -->    π/4 - arctan 1/7 = arctan 3/4
a
 = b = 1/3        -->    2 arctan 1/3 = arctan 3/4

Die erste Formel für  π  folgt nach dem gleichen Prinzip, allerdings erst nach mehrmaliger Anwendung des obigen Arkustangens-Additionstheorems. Deshalb soll dafür eine andere, elegantere Herleitung angegeben werden: Für eine komplexe Zahl  u + iv = e  ist  φ = arg (u + iv)  der zugehörige Winkel, im Gegenuhrzeigersinn von der positiven Richtung der reellen Achse aus gemessen. Für  u > 0  ist  φ = arctan v/u . Da sich bei der komplexen Multiplikation die Winkel addieren, folgt

5 arctan 1/7 + 2 arctan 3/79 = arg (7 + i)5·(79 + 3i)2 = arg 78125000(1 + i) = arg (1 + i) = arctan 1 = π/4

(Mehr zur  π-Berechnung bei Briefmarke # 6  und  Briefmarke # 57.)


Was sieht man auf der Briefmarke?
Über Vegas Porträt ist die Logarithmus-Kurve dargestellt, darüber ein Ausschnitt der Oberfläche des Monds, auf der ein Krater den Namen "Vega" trägt.

Die Einzelheiten der Logarithmus-Kurve sind teilweise auf der Briefmarke schwer zu erkennen. Es handelt sich um den natürlichen Logarithmus zur Basis  e . In der folgenden Skizze sind alle Details enthalten. Die auf der Marke fehlende senkrechte Achse wurde ergänzt und die charakteristischen Kurvenpunkte  (1, 0), (2, 0.6931472)  und  (e, 1)  wurden hervorgehoben.

Log-Kurve


Die Abbildung eines Teils der Mondoberfläche auf der Briefmarke erinnert daran, dass ein Krater nach Vega benannt worden ist (45.4° Süd, 63.4° Ost, 76 km Durchmesser). Der Graphiker hat außerdem die Namen von vier weiteren Wissenschaftlern eingetragen, nach denen Mondkrater benannt wurden: Jean-Baptiste Biot (1774 - 1862), französischer Mathematiker und Physiker; Dionysius Petavius (Denis Petau, 1583 - 1652), französischer Jesuit; Romana, spanischer Jesuit; William Parsons, Earl of Rosse (1800 - 1867), Ire und Erbauer des damals größten Teleskops. Für diese Krater findet man in modernen Mondkarten teilweise andere Namen, da im 20. Jahrhundert etliche Krater neue Bezeichnungen erhielten.


Der slowenische 50-Tolar-Schein trägt ebenfalls Jurij Vegas Porträt, und außerdem eine geometrische Konstruktion, eine Kurvenschar und die Mondphasen.

Geldschein mit Portrait Vega



Kategorie: Geomathematik

Kategorie: Zahlen und Zahlsysteme, Berechnung von π


Publiziert 2006-08-17          Stand 2005-10-08


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