Problem des Monats April 2004
Ein Tennisturnier wird im K.o.-System ausgetragen, d.h. ein Spieler scheidet bei seiner ersten Niederlage sofort aus dem Turnier aus. Meist ist die Anzahl der eingeladenen Spieler eine Zweierpotenz. Wenn z.B. 64 Spieler teilnehmen, gibt es eine erste Runde mit 32 Spielen, eine zweite Runde mit 16 Spielen usw. Aber für das folgende Problem sollen auch beliebige andere Möglichkeiten offenstehen, das Turnier zu organisieren (nur das K.o.-System soll gelten).
Wie soll man ein Turnier mit 100 Spielern organisieren, so dass möglichst wenig Spiele erforderlich sind?
Wie lautet die allgemeine Lösung für n Spieler?
Lösung
Es ist vollkommen gleichgültig, wie das Tennisturnier organisiert wird. 100 Spieler erfordern immer genau 99 Spiele. n Spieler erfordern immer genau n - 1 Spiele.
Es gibt dafür eine ganz einfache Begründung, aber es sollen zunächst drei Beispiele angegeben werden, die diese Lösung vermuten lassen:
- Um möglichst schnell auf ein Rundensystem mit einer Zweierpotenz für die Spieleranzahl zu kommen, finden in einer "Vorrunde" 36 Spiele statt. In dieser Runde schauen also 28 Spieler zu ( 28 "Freilose"). Danach sind noch 64 Spieler im Turnier, die in Runden zu 32, 16, 8, 4, 2 Spielen sowie dem Finale den Gesamtsieger ermitteln. In der Summe kommt man auf 99 Spiele.
- Auch folgender Ablauf ist denkbar: In jeder Runde werden soviele Paarungen wie möglich ausgetragen. Ist vor Beginn einer Runde die Anzahl der verbliebenen Spieler ungerade, gibt es ein Freilos. Das läuft bei 100 Spielern so ab:
1. Runde: 50 Spiele - danach noch 50 Spieler im Turnier
2. Runde: 25 Spiele - danach noch 25 Spieler im Turnier
3. Runde: 12 Spiele - 1 Freilos - danach noch 13 Spieler im Turnier
4. Runde: 6 Spiele - 1 Freilos - danach noch 7 Spieler im Turnier
5. Runde: 3 Spiele - 1 Freilos - danach noch 4 Spieler im Turnier
Halbfinale: 2 Spiele - danach noch 2 Spieler im Turnier
Finale: 1 Spiel - 1 Sieger
Insgesamt werden 99 Spiele ausgetragen.
- Die beiden ersten Beispiele basieren auf einem "Rundensystem", aber auch ganz andere Systeme führen zum gleichen Ergebnis. Man könnte mit einem einzigen Spiel beginnen und ab dann jeweils dem Gewinner einen weiteren Teilnehmer für das nächste Spiel zulosen. Hier sieht man sofort, dass 99 Spiele gespielt werden. (Dieses Spielsystem hat natürlich zwei praktische Nachteile: Das Turnier dauert sehr lange, und der Gesamtsieger könnte sowohl 99 Spiele bestreiten müssen als auch nur ein einziges, oder irgendeine Anzahl dazwischen.)
Die einfachste Begründung dafür, dass bei n Spielern genau n - 1 Spiele im K.o.-System benötigt werden, lautet so: Jeder Spieler außer dem Gesamtsieger verliert genau ein Spiel, und umgekehrt hat jedes Spiel genau einen Verlierer. Mathematisch ausgedrückt, gibt es eine bijektive Abbildung zwischen der Menge aller Verlierer und der Menge aller Spiele.
Stand 2004-01-19
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