Manfred Börgens
Mathematik auf Briefmarken  # 34
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Briefmarken des Monats Oktober 2003

Briefmarken mit Portrait von Hamilton und Quaternionen-Multiplikation

Irland 1943 und 1983

Michel 91 und 509       Scott 126 und 562


William Rowan Hamilton (1805 - 1865)

Die linke Briefmarke wurde zum 100. Jahrestag der Formulierung der Quaternionen-Multiplikation durch Hamilton herausgegeben, die rechte zum 140. Jahrestag.

Vor 160 Jahren, am 16. Oktober 1843, ging der Dubliner Mathematikprofessor William R. Hamilton am Royal Canal entlang, auf dem Weg von seiner Wohnung im Observatorium von Dunsink zur Royal Irish Academy. Diesen Gang machte Hamilton sehr häufig, und er führte ihn an der Brougham Bridge vorbei (die heute Broombridge heißt). An dieser Stelle hatte Hamilton den Geistesblitz, der längst zur Folklore der Mathematikgeschichte gehört: Er fand geeignete Multiplikationsregeln für Quaternionen. Und sogleich ritzte er sie mit einem Taschenmesser in einen Stein der Brücke. Leider sind diese Zeichen längst verwittert. An der Brücke ist eine Gedenktafel angebracht:

Gedenktafel mit Quaternionen-Multiplikation


Der Ire William Rowan Hamilton war ein "Wunderkind", zunächst allerdings nicht wegen seiner mathematischen Begabung (die sich erst später herausstellte), sondern weil er schon mit fünf Jahren Latein, Griechisch und Hebräisch erlernt hatte und bald danach Französisch und andere europäische Sprachen beherrschte. Aber ab seinem zwölften Lebensjahr wandte sich Hamilton der Mathematik zu und lernte so schnell, dass er schon mit 21 Jahren Professor in Dublin wurde und außerdem das Amt des königlichen Astronomen übernahm.

Quaternionen und ihre Anwendungen sind das Hauptwerk Hamiltons. Die Quaternionen bilden eine Ausweitung des Konzepts der komplexen Zahlen: Statt einer imaginären Einheit ( i ) gibt es hier drei ( i, j, k ), so dass ein Quaternion eine Zahl der Form  a + b·i + c·j + d·k  ist oder sich auch als Quadrupel (a, b, c, d) schreiben lässt.

Die Addition von Quaternionen ist wie bei den komplexen Zahlen komponentenweise definiert. Hamilton hatte lange Zeit nach einer geeigneten Multiplikation gesucht; seine plötzliche Eingebung an der Brougham Bridge ist auf der rechten Briefmarke festgehalten:

i2 = j2 = k2 = -1

i·j = k        j·k = i        k·i = j

j·i = -k       k·j = -i       i·k = -j

Diese Multiplikation ist offenbar nicht kommutativ. Dafür soll noch ein Beispiel angegeben werden:

(1 + 3·i - j) · (7 + 9·j - 5·k) = 16 + 26·i + 17·j + 22·k

(7 + 9·j - 5·k) · (1 + 3·i - j) = 16 + 16·i - 13·j - 32·k

Einer Gedenktafel an der Brücke ist zu entnehmen, dass Hamilton statt der Formeln auf der Marke die kürzere Version  i2 = j2 = k2 = i·j·k = -1  in den Stein geritzt hat. In der Tat sind die beiden Versionen äquivalent. Aus den Formeln auf der Briefmarke folgt  i·j·k = k2 = -1 . Umgekehrt folgt zunächst aus  i2 = j2 = k2 = -1 , dass  i-1 = -i ,  j-1 = -j ,  k-1 = -k . Aus diesen Inversionsformeln folgt dann mit  i·j·k = -1 , dass  i·j = k  und  j·k = i ; weiter mit  j·k = i , dass  i·k = -j  und  j·i = -k ; schließlich mit  i·j = k , dass  k·j = -i  und daraus  k·i = j .

In Mathematik und Physik gibt es Anwendungen der Quaternionen, aber sie haben nicht die Bedeutung erlangt, die Hamilton ihnen vorhergesagt hat. Ein aktuelles Anwendungsbeispiel sind 3D-Rotationen; diese lassen sich auch mit Quaternionen beschreiben, wovon in der Computergraphik Gebrauch gemacht wird.

Mit Hamiltons Namen sind etliche mathematische und physikalische Begriffe verknüpft. In der Graphentheorie bezeichnet ein Hamilton-Pfad einen Pfad, der jeden Knoten genau einmal passiert. Ein Hamilton-Zyklus ist ein Hamilton-Pfad mit gleichem Anfangs- und Endknoten.

Graph mit 8 Knoten, 12 Kanten und Hamilton-Pfad und -Zyklus


Hamilton hat das "Prinzip der kleinsten Wirkung" für die Mechanik formuliert, das nach ihm auch Hamilton-Prinzip genannt wird. Die Hamilton-Jacobische Differentialgleichung und der Hamilton-Operator werden in der Mechanik und in der Quantenphysik verwendet.

Hamilton erfand ein Brettspiel, das "Icosian Game", dessen Grundidee die Suche nach einem Hamilton-Zyklus auf einem Dodekaeder ist und das einen Vorläufer des berühmten "Travelling Salesman Problem" darstellt.




Viele interessante Einzelheiten über Hamiltons Leben, die Anwendung der Quaternionen in der Physik und das Icosian Game findet man auf der
Mathematik-Seite von John Baez

Weitere Seite über Hamiltons Leben und Werk

Quaternionen

Drei Links zum Icosian Game :
mathworld.wolfram      Mark R. Keen      Fotografie von Spielbrett und Figuren




Kategorie: Zahlen und Zahlsysteme, Berechnung von π


Stand 2005-03-11
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