Manfred Börgens
Mathematik auf Briefmarken  # 60
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6 Marken mit Schachspielern




Schach und Mathematik  -  Teil 2                                            Teil 1
Mathematiker in der Schach-Weltklasse


Ein Mathematiker, der es zu Weltmeisterehren im Schach brachte, wurde bereits mit der Briefmarke # 59 vorgestellt: Max Euwe. Es gab allerdings noch weitere Mathematiker, die zu den ganz Großen des Schachs zählen, und drei von ihnen wurden auch Weltmeister. Die Qualifikation als "Mathematiker" wird hier großzügig verwendet und soll nicht als Berufsbezeichnung verstanden werden. Unter den sechs Schachmeistern, die auf den Briefmarken oben abgebildet sind, sind sowohl solche, die es in Mathematik zu akademischen Ehren gebracht haben, als auch solche, die ihr Studium vorzeitig abgebrochen haben (aber nicht wegen Erfolglosigkeit!). In der oberen Reihe sind die Weltmeister zu sehen, in der unteren Reihe drei weitere Schachspieler der Weltspitze.



Wilhelm Steinitz (1836 - 1900)   Weltmeister 1886 - 1894
Österreich-Ungarn, ab 1888 USA

Schach
Bereits als Kind war Steinitz in Prag einer der besten Schachspieler. 1866 besiegte er Adolf Anderssen, der zu dieser Zeit als weltbester Schachspieler galt, in einem in London ausgespielten Wettkampf. Erst 20 Jahre später fand die erste Weltmeisterschaft statt; sie wurde in mehreren Städten der USA ausgetragen. Steinitz besiegte dort seinen Herausforderer, den Polen Jan Zukertort. Er verteidigte seinen Titel drei Mal und behielt ihn acht Jahre lang, bis er 1894 Emanuel Lasker unterlag. Steinitz war auch als Herausgeber und Autor von Fachzeitschriften aktiv und veröffentlichte 1889 das Lehrbuch Modern Chess Instructor, in dem er seine "Moderne Schule" des Schachs erläuterte. Die dort vorgestellten Prinzipien sind heute Allgemeingut, wurden aber zu Steinitz' Lebzeiten von vielen abgelehnt.

Mathematik
Wilhelm Steinitz studierte ab 1858 Mathematik am Polytechnischen Institut Wien. Dieses Studium musste er später wegen Geldmangels aufgeben und beschloss, fortan vom Schach zu leben.



Emanuel Lasker (1868 - 1941)   Weltmeister 1894 - 1921
Deutschland

Schach
Lasker trat ab 1889 als erfolgreicher Turnierspieler auf. Er war der zweite Weltmeister und blieb es 27 Jahre lang, von seinem Sieg gegen Steinitz in den USA bis zur Niederlage gegen Capablanca in Havanna; in dieser Zeit verteidigte er den Titel fünf Mal. Auch Lasker war Herausgeber und Autor von Schachzeitschriften. 1925 kam sein Lehrbuch des Schachspiels heraus, in dem er u.a. Steinitz' Ideen weiterentwickelte.

Mathematik
Von 1889 bis 1891 studierte Emanuel Lasker Mathematik in Berlin und Göttingen. Er unterbrach dann sein Studium, um als Schachprofi zu arbeiten. Schon drei Jahre später wurde er Weltmeister. Ab 1895 spielte er nur wenige Turniere, um sich für einige Jahre wieder mehr der Mathematik widmen zu können. Von 1897 - 1899 war er in Heidelberg und Berlin eingeschrieben und bereitete sich danach auf seine Promotion vor. 1901 hatte er eine Anstellung als Mathematikdozent an der Universität Manchester. Die Promotion schloss er 1902 in Erlangen ab, nachdem seine Dissertation Über Reihen auf der Convergenzgrenze bereits 1901 in den Philosophical Transactions of the Royal Society of London erschienen war. 1905 veröffentlichte er in der Zeitschrift Mathematische Annalen die bedeutende Arbeit Zur Theorie der Moduln und Ideale. Aufgrund dieses Aufsatzes ist nach ihm der "Lasker-Ring" benannt, ein kommutativer Ring, in dem jedes Ideal ein Schnitt endlich vieler Primideale ist. Gegen Ende seines Lebens wurde Lasker noch die besondere Ehre zuteil, Mitglied der Moskauer Akademie der Wissenschaften zu werden. 1936 und 1937 lebte er in dieser Funktion in Russland.



Michail M. Botwinnik (1911 - 1995)   Weltmeister 1948 - 1957,  1958 - 1960,  1961 - 1963
Russland, UdSSR

Schach
1948 wurde wegen des Todes des Weltmeisters Alexander Aljechin sein Nachfolger in einem Turnier in Den Haag und Moskau ermittelt. Unter fünf Kandidaten gewann Botwinnik mit deutlichem Abstand. Diesen Titel konnte er bis 1957 zwei Mal verteidigen. Bislang einmalig war der weitere Ablauf der Weltmeisterschaftskämpfe: 1957 und 1960 verlor Botwinnik gegen Wassili Smyslow bzw. Michail Tal, holte sich aber jeweils ein Jahr später im Revanchekampf den Titel zurück. Erst mit seiner Niederlage 1963 gegen Tigran Petrosjan endete Michail Botwinniks Weltmeisterzeit endgültig.

Mathematik
Von allen hier vorgestellten Schachmeistern hat Michail Botwinnik wohl den schwächsten Bezug zur Mathematik. Aber immerhin: 1991 ernannte ihn die Mathematische Fakultät der italienischen Universität Ferrara zum Ehrendoktor. Botwinnik war promovierter Elektroingenieur und arbeitete auch als Schachweltmeister in seinem Beruf. 1970 zog er sich vom aktiven Turnierspiel zurück und widmete sich der wissenschaftlichen Forschung. Diese galt der Künstlichen Intelligenz - er war ein Pionier auf dem Gebiet der Schach-Programme.



Adolf Anderssen (1818 - 1879)
Deutschland

Schach
1851 trafen sich in London anlässlich der Weltausstellung 16 europäische Schachmeister zu einem inoffiziellen Turnier. Es gewann der bis dahin weitgehend unbekannte Anderssen. Erst 1858 traf er in Paris auf den damals besten amerikanischen Schachspieler Paul Morphy und unterlag ihm. Morphy hörte allerdings bald danach mit dem Schachspiel auf, so dass Anderssen von 1859 bis 1866 als weltbester Schachspieler galt, bis ihn Steinitz in London besiegte.

Mathematik
Anderssen studierte Mathematik in Breslau und arbeitete als Mathematiklehrer an einem Gymnasium. 1865 wurde er von der Universität Breslau zum Ehrendoktor und Professor ernannt.



Richard Réti (1889 - 1929)
Österreich-Ungarn, später Tschechoslowakei

Schach
Réti war einer der weltbesten Spieler der 10er und 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts. 1924 besiegte er den amtierenden Weltmeister Capablanca in einem Turnier in New York. Er schrieb die Bücher Die neuen Ideen im Schachspiel und Die Meister des Schachbretts. Richard Réti hat ein berühmtes Schachproblem komponiert, das gleichzeitig mit dieser Seite als  Mathematisches Problem # 60  erscheint.

Mathematik
Réti studierte Mathematik in Wien. Eines Tages ließ er im Café Central seine Seminararbeit liegen und fand sie später nicht mehr wieder. Spontan beschloss er, sein Studium aufzugeben und professioneller Schachspieler zu werden.



Paul Keres (1916 - 1975)
Estland und UdSSR

Schach
Keres war drei Mal Schachmeister der UdSSR. Mehrere Male scheiterte er nur knapp in Kandidatenturnieren zur Herausforderung des Weltmeisters. Es gibt anscheinend Hinweise in den Akten des KGB, dass Keres' Schachkarriere durch die politische Führung des Staates behindert wurde, die ihn zu Niederlagen in Turnierspielen zugunsten anderer sowjetischer Spieler bewegte.

Mathematik
Paul Keres studierte Mathematik an der Universität Tartu von 1937 bis 1941.



Publiziert 2007-09-10          Stand 2006-09-14


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